Mittwoch, 07.06.2017
Heute machten wir uns also auf den Weg in Richtung Polarkreis und nach Inuvik. Wir folgten aus Dawson City hinaus dem Klondike Highway und bogen dann an einer Tankstelle nach links auf den Dempster Highway ab. Gleich rechts steht ein großes Schild mit Infotafeln zum Dempster, wo wir das obligatorische Foto machten. Gleich danach überquerten wir die Brücke über den Klondike River und schon waren wir auf der Schotterpiste, die uns für etwa 725 km treu bleiben sollte. Erst kurz vor Inuvik war die Straße wieder geteert.
Dempster Highway, schon der Name macht Lust auf Abenteuer, spektakuläre Berglandschaften, Hochebenen, Einsamkeit und malerische Kulissen. Er führt durch eine der schönsten und abgelegensten Wildnislandschaften Nordamerikas und ist eine der wenigen Straßen, die über den Polarkreis hinausführen. Die Alljahres-Schotterpiste wird in der Regel gut gepflegt und ist über weite Strecken leicht befahrbar. Unser großer Camper war mit Truck-Reifen ausgestattet, die den teilweise sehr groben Schotter und die steinigen Passagen gut weggesteckt haben. Allerdings empfehlen wir die Strecke auf keinen Fall mit einem „normalen“ PKW zu befahren. Wir haben etliche Pannenfahrzeuge mit Platten gesehen und es waren immer „normale“ Reifen bzw. die der Wohnwagenanhänger.
Zunächst windet sich der Highway durch die Berge und durchquert dann eine alpine Ebene. Wir passierten den Tombstone Mountain Campground bei 72 km und die höchste Stelle des Dempster am North Fork Pass auf 1289 m bei 82 km. Kilometer für Kilometer führte uns der Dempster durch farbenprächtige Tundra und an leuchtenden Bergen, idyllischen Seen und malerischen Flussläufen vorbei. Wir übernachteten auf dem Engineer Creek Campground bei 194 km, der malerisch am Fuß eines Bergrückens und direkt am Fluss liegt. Die befürchtete Mückeninvasion blieb glücklicher Weise aus. Es gab zwar ein paar, aber wir konnten problemlos draußen sitzen und unser Steak genießen. Unser welterprobtes Mückenspray hielt uns die wenigen Mosquitos größtenteils vom Leib.
Donnerstag, 08.06.2017
Weiter ging die wilde Fahrt über den Dempster Highway durch weiterhin spektakuläre Landschaften. Eine erste Elchsichtung kam hinzu. Bei 259 km kamen wir zum Ogilvie-Peel Viewpoint. In Eagle Plains auf ziemlich genau halber Strecke bei 369 km angekommen tankten wir voll. Besucher ohne Camper übernachten in der Regel im hier befindlichen Eagle Plains Hotel. Es pfiff ein extrem starker Wind, so dass wir gleich weiterfuhren. Von hier aus ist es nur noch eine relativ kurze Strecke bis zum Polarkreis bei 405 km. Der ist durch ein großes Schild mit verschiedenen Schautafeln kenntlich gemacht. Auch hier pfiff der Wind ordentlich über die Ebene. Wir waren jetzt im Land der Mitternachtssonne und überquerten die tollen Richardson Mountains weit oberhalb der Baumgrenze. Kurz danach bei 447 km liegt der Rock River Campground, den wir aber nicht ansteuerten. Wieder nur wenige Kilometer später bei 465 km passierten wir die Grenze Yukon/Northwest Territories, wo wir unsere Uhren eine Stunde vorstellen mussten. Hinter einer Biegung dann die große Überraschung. Ein riesiger Grizzly überquerte direkt vor uns die Straße und verschwand ganz langsam in den Sträuchern am Straßenrand. Was für ein toller Anblick. Nachdem wir bezüglich Bärensichtungen bislang wenig Glück hatten, war es uns jetzt mehr als hold. Was für ein schönes Tier.
Danach senkt sich die Straße in Richtung des „Peel River Crossing“ bei 539 km, wo eine kleine Fähre die Fahrzeuge auf die andere Flussseite bringt. Diese und eine weitere Flussüberquerung am McKenzie River sind bei eisfreiem Wasser geöffnet. Zu zwei Zeiten im Jahr sind die Fähren nicht passierbar. Wenn das Wasser im Herbst gerade zufriert und bevor das Eis im Frühling komplett abgetaut ist. Im Winter führt der Dempster einfach über die zugefrorenen Flüsse. Direkt dahinter bei 541 km liegt der Nitainlaii Territorial Park mit Campground, den wir uns für die nächste Übernachtung ausgesucht hatten. Am Eingang parkten wir und gingen zur Holzhütte die Treppen hinauf. Dort wurden wir vom Campingplatz-Host empfangen. Sein Alter war schwer zu schätzen, aber es musste schon recht hoch gewesen sein. Er ist hier eine kleine Berühmtheit, da er ein Foto von einem Eisbären geschossen hat, welches hinter seinem Schreibtisch an der Wand hängt. Es passiert höchst selten, dass sich ein Eisbär soweit nach Süden verirrt. Hier buchten wir die eine Übernachtung und bekamen auch noch als Dreingabe jeweils ein Zertifikat ausgestellt, das uns die Überquerung des Polarkreises attestierte. Der Campingplatz war leer und wir hatten freie Platzwahl. Erst später kam noch ein weiterer Camper. Klar wurde auch heute wieder gegrillt, aber diesmal Thunfisch und Lachs. Lecker.
Freitag, 09.06.2017
Wenige Kilometer nach dem Nitainlaii Territorial Park liegt die kleine Siedlung Fort McPherson, bei 550 km. Wir fuhren kurz den Abstecher vom Highway hinein und sahen uns ein wenig um. Wer Interesse an Zelten und anderen Artikeln aus Segeltuch hat, ist im Canvas Shop herzlich willkommen.
Am Zusammenfluss von McKenzie und Artic Red River liegt die kleine Ortschaft Tsiigehtchic auf einer kleinen Anhöhe und auch die nächste Fähre bei 608 km. Die Fähre legt zunächst am Ufer der Siedlung an, die wir uns aber nicht anschauten, und fährt dann weiter auf die andere Flussseite, an der wir weiter dem Dempster Highway folgten. Ab hier führt die Straße teilweise über mehrere Kilometer stur geradeaus. Erst bei 703 km kommt man an eine kleine Haltebucht und kann zum Tithegeh Chii Vitaii Lookout laufen. Von dort überblickt man den Campbell Lake und kann sich ein wenig die Beine vertreten. Kurz danach fällt die Straße zum McKenzie-Delta ab und die Asphaltstraße beginnt in etwa auf Höhe des Airports. Bei 736 km hatten wir Inuvik erreicht und machten unsere Fotos am großen Eingangsschild. Der Weg führte zuerst ins Visitor Center, wo wir feststellen mussten, dass es dort kein WLAN gab. Wir erfuhren jedoch, dass es dieses in der Bibliothek geben würde, welche sich mitten im Ort befindet. Die fanden wir dann auch recht schnell, nach dem wir uns eine der wenigen Sehenswürdigkeiten Inuviks, die in Igluform errichtete „Iglu Church our Lady of Victory“ angeschaut hatten. Die Eingangstüre war geschlossen, so dass wir sie nur von außen anschauen konnten. In der Bibliothek war ganz schön was los. Viele Schulkinder saßen um die wenigen Computertische herum und surften. Andere lasen Bücher oder spielten. Gleich nach dem Eingang müssen alle Besucher ihre Schuhe ausziehen und in das Regal stellen. An der Theke bekamen wir Zugangscodes für das WLAN-Netz und konnten bei stabiler und schneller Verbindung surfen. Der Wetterbericht meinte es weiterhin sehr gut mit uns. Nur Sonne pur war vorhergesagt.
Danach fuhren wir die wenigen Meter zum Happy Valley Territorial Campground, der am Stadtrand und direkt am östlichen Arm des McKenzie-Deltas gelegen ist. Dort checkten wir ein und bekamen einen schönen Platz zugewiesen. Es gibt zwar auch zwei Campingplätze außerhalb von Inuvik, doch hier war es zweckmäßiger in Stadtnähe zu übernachten. Wir saßen heute länger draußen, denn es wurde ja nicht dunkel. Wir befanden uns in der Phase von Juni bis August, in der an 56 Tagen die Mitternachtssonne scheint und nie untergeht. Es blieb die ganze Nacht taghell. Gut, dass wir im Camper dichte Vorhänge hatten und unseren Schlafrhythmus nicht verloren.
Samstag, 10.06.2017
Am Vormittag schlenderten wir zu Fuß los die Ortschaft zu erkunden. Kaum waren wir über den Campingplatz losgelaufen, als uns eine Reihe seltsamer Flugzeuge auffielen, die im Flug etliche Kunststückchen und Loopings ausführten. Wie wir später erfuhren, gab es heute eine Art Stadtfest und eben eine Flugshow. Wir liefen also die Querstraße hoch und dann die Hauptstraße Inuviks entlang. Gleich fielen uns die oberirdisch verlaufenden Rohrleitungen auf. Diese können auf Grund des Permafrostbodens nicht vergraben werden, da sie diesen ansonsten auftauen und die Häuser in den Boden einsinken würden. Wir kamen wieder an der Library und der Iglo Church vorbei und erreichten kurz danach einen großen Platz. Hier waren diverse Zelte, eine Hüpfburg und eine Bühne aufgebaut. Es war allerhand los und überall liefen vor allem kleine Kinder herum. An einer Stelle wurde gerade ein Eierlauf-Wettkampf ausgetragen, bei dem es kaum einem Kind gelang das Ei auf dem Löffel über eine längere Strecke zu balancieren. Auf der Bühne wurden gerade irgendwelche später stattfindenden Vorführungen angesagt und an einem großen Grill gab es umsonst Hotdogs. Es war eine ausgesprochen friedliche Stimmung.
Auf dem Weg zurück kauften wir im Supermarkt ein paar wenige Dinge ein, die wir noch brauchten. Danach machten wir einen Abstecher hinunter zum Flussufer. Hier waren ein paar junge Leute gerade dabei ihr Boot festzumachen. Hier wäre auch ein Liquor Store, den wir auf Grund genügender Vorräte nicht benötigten. Gegenüber sahen wir schon unseren Campingplatz samt Camper, mussten aber die Straße rund um den Kanal zurückgehen. Auf Höhe des Campingplatzes ist rechts ein uriges Restaurant, dessen Küche in einen alten umgebauten, typisch gelben, Schulbus verlegt wurde. Das Restaurant selbst bestand aus einer winzigen Hütte und dessen Dach, auf dem wir es uns nach kurzer Überlegung bequem machten. Es gab unter anderem Rentier-Chili, welches sehr gut schmeckte.
Zurück am Campingplatz begannen wir Ulli´s Geburtstag zu feiern, der nach deutscher Zeit bereits begonnen hatte. Wir hatten auch Johnny Walker eingeladen und so wurde es ein sehr fröhlicher Abend.
Sonntag, 11.06.2017
Heute machten wir uns auf den Rückweg. Die wenigen Kilometer aus Inuvik hinaus und am Flughafen vorbei und schon waren wir wieder auf der Schotterstraße des Dempster Highway. Die Fahrt bis zur ersten Fähre verlief ereignislos auf den schnurgeraden Streckenabschnitten. Hier und da kam ein Laster entgegen und wir waren danach für eine Minute komplett eingenebelt vom aufgewirbelten Staub. Ohnehin fuhren wir bei Gegenverkehr immer weit an den Rand der Piste und verlangsamten deutlich, damit wir Steinschlägen in der Windschutzscheibe entgingen. Das ist uns zum Glück nicht nur auf dem Dempster Highway, sondern über die gesamte Reise hinweg gut gelungen.
Auf der Fähre waren wir alleine und legten die Strecke bis zur zweiten Fähre ebenfalls problemlos zurück. Danach wurde die Landschaft wieder traumhaft. Erstaunlicher Weise boten sich auf dem Rückweg insgesamt völlig neue Ansichten, die uns immer wieder faszinierten. So fuhren wir gemütlich vor uns hin, hielten immer wieder mal an, um Fotos und Videos zu machen und hatte dabei nach wie vor bestes Wetter. Ein Traum diese Strecke. So zog es sich bis zum späteren Nachmittag als wir wieder Eagle Plains auf halber Strecke erreichten. Als wir gerade am Auftanken waren, kam ein junger Mann mit seinem Kleinwagen angefahren, den wir kurz vorher beim Reifenwechsel noch auf der Strecke passiert hatten. Er hatte es mit einem Notrad bis hierher geschafft und fuhr direkt in die Halle der Werkstatt, um sich einen neuen Reifen aufziehen zu lassen. Wie erwähnt, mit einem „normalen“ PKW würden wir den Dempster nicht empfehlen.
Anschließend betrachteten wir zunächst mal den kleinen Campingbereich, der ein kleines Stück neben dem Eagle Plains Hotel lag. Wir waren skeptisch gewesen, ob es uns hier gefallen würde. Doch genau das tat es. Wir konnten uns mit dem Camper so hinstellen, dass wir das Hotel und die anderen Gebäude gar nicht sehen konnten. In die andere Richtung aber hatten wir einen herrlichen Ausblick in die Ferne. Da zudem der Grill und die Sitzbank toll nahe den Sträuchern platziert waren, entschieden wir uns hier zu bleiben. Außerdem wäre der nächste Campingplatz, der Engineer Creek Campground auf dem wir beim Hinweg schon übernachtet hatten, noch 175 km entfernt.
Hier konnten wir Ulli´s „richtigen“ Geburtstag ausgiebig feiern. Zunächst gingen wir ins Hotel und zahlten unsere Übernachtungsgebühr. Zudem konnten wir hier gegen Gebühr das WLAN nutzen, so dass Ulli die vielen Glückwünsche zum Geburtstag abrufen konnte. Dazu setzten wir uns in den urigen Speisesaal des Hotels. Anschließend gingen wir zum Camper zurück und warfen den Grill an. Die leckeren, dicken Steaks wollten gegrillt werden. Zudem hatten wir noch in Dawson Sekt besorgt, um gebührend anstoßen zu können. Es wurde ein sehr schöner Abend.
Montag, 12.06.2017
Dempster Highway – letzte Etappe. Heute früh machten wir uns auf den Weg, um die letzten 369 km zu bewältigen. Wir genossen die Fahrt und die weiterhin überwältigenden Landschaften hier im hohen Norden Kanadas. Wir können es nicht oft genug empfehlen. Wenn ihr mit dem entsprechenden Fahrzeug unterwegs seid, lasst den Dempster Highway nicht aus. Ihr würdet etwas Einzigartiges verpassen. Irgendwann am früheren Nachmittag erreichten wir die Straßenkreuzung mit dem Klondike Highway und folgten diesem nach Süden. Nach einiger Zeit folgt der Highway dem Stewart River, bevor er diesen bei Stewart Crossing über eine Stahlbrücke quert. Hier muss man rechts abbiegen, geradeaus geht es auf dem Silver Trail nach Mayo und weiter nach Keno City, wo sich ein Freiluftmuseum befindet. Für diesen Abstecher hatten wir nicht mehr genügend Zeit im Gepäck. Bei Pelly Crossing überquerten wir den Pelly River über eine Brücke. Gleich nach der Brücke liegt rechter Hand der Pelly Crossing Campground. Hier fanden wir nicht einmal eine Einwurfbox für die Gebühr, so dass wir die Nacht umsonst schlafen konnten. Wir waren uns nicht sicher, ob der Platz überhaupt noch vom Staat betrieben wurde. Viel Müll und eine verdreckte Feuerstelle deuteten zumindest darauf hin. Schade, denn der Platz selbst liegt eigentlich schön, direkt am Pelly River.