Sonntag, 16.05.2010
Heute ging Fahrt zur Mutter aller Canyons, dem Grand Canyon. Von Osten her nahmen wir die Einfahrt bei Cameron und fuhren zunächst die vielen Viewpoints entlang der Zufahrtstraße zum Grand Canyon
Village ab. Atti war ja schon das zweite Mal hier. Während er vor drei Jahren Pech mit dem Wetter bei Nieselregen und einem kräftigen Gewitter in der Nacht hatte, war es diesmal fast wolkenlos.
Im Village führte uns der Weg zunächst ins Visitor Center, wo der Wetterbericht für den morgigen Tag aushing. Es sollte "Partly Cloudy with some Breezes" werden. Beste Voraussetzungen also, um
Morgen den Bright Angel Trail in Angriff zu nehmen.
Heute aber wollten wir nur den westlichen Rim Drive abfahren. Nach dem Einchecken in der Maswik Lodge und dem Verspeisen eines Maswik Burgers ruhten wir uns erst noch ein wenig aus. Am späteren Nachmittag machten wir uns dann auf den Weg zum nur wenige hundert Meter entfernten Bus-Stop. Es gibt drei farblich gekennzeichnete Busrouten, die man kostenlos nutzen kann. Sie verkehren im "Hop on - Hop off" Prinzip, d.h. man kann jederzeit zu Besichtigungen aussteigen und danach einen der nächsten Busse nehmen. Wir machten es so, dass wir einige Strecken am Rim entlang erwanderten und an der jeweils nächsten Haltestelle des Busses wieder einstiegen. Mit genügend Zeit im Gepäck kann man natürlich auch die gesamte Strecke laufen. An der Endstation Hermits Rest gibt es einen kleinen Kiosk. Auf dem Rückweg war der Sunset am Hopi Point geplant. Da dieser jedoch völlig überlaufen war, gingen wir weiter zum Powell-Point, wo wir den Sonnenuntergang mit bestem Blick genießen und wunderschöne Fotos schießen konnten. Es war ein toller Tag im größten Canyon der Welt.
Montag, 17.05.2010
Heute war der körperlich anstrengendste Tag der gesamten Reise. Es stand der Abstieg in den Grand Canyon zum Plateau Point bevor. Eine Wanderung von knapp 20 km und einer Höhendifferenz von über 1000 m – runter und vor allem wieder hoch. Wir gingen um 7:51 Uhr los und stiegen über den Bright Angel Trail ab. Schon der Weg bis zum 1,5mi-Resthouse erschien unendlich lang und steil. Das Problem war dabei der von den vielen Muli-Trips ausgetretene Weg, der ständig riesige Stufen beinhaltete. Ein weiteres Kriterium unsere Skepsis zu schüren waren unzählige uns entgegenkommende Wanderer, die so fertig aussahen und sich nur noch schwerlich den Berg hochschleppten, dass wir schon ans Umkehren dachten. Also Atti zumindest. Sichtlich beeindruckt machten wir uns trotzdem gleich weiter auf den Weg zum 3mi-Resthouse. Die Steilheit ließ nicht nach und wieder erschien vor allem Atti der Weg unendlich lang. Nach diesen weiteren 2400 m machten wir eine erste Rast und füllten Wasser auf. Die nächste Station war Indian Garden, weitere 1,5mi entfernt. Der Garden ist in der ansonsten kargen Vegetation eine kleine Oase mit Bäumen und viel Grün. Hier machten wir wieder Rast im Schatten und trafen viele weitere Wanderer auf dem Weg von der Phantom Ranch nach oben. Unser Abstieg war damit aber noch lange nicht zu Ende. Weiter ging´s – wie immer 1,5mi – bis zum Plateau-Point, einem Aussichtspunkt über dem innersten Canyon, in dem der Colorado fließt. Die Tortur hatte sich gelohnt. Es war ein wunderbarer Anblick. Fast ganz unten im Grand Canyon zu sitzen, den Colorado unter sich rauschen zu hören, tolle Fotos zu machen und sich liebevoll im Arm zu halten, entschädigte für die schon bis hierhin große Anstrengung. Wir hatten eigentlich zwei Übernachtungen in der Phantom Ranch geplant, doch die ist meist weit über ein Jahr im Voraus ausgebucht. Wir hatten keine Chance noch einen Schlafplatz zu ergattern.
Nach einiger Zeit musste der Aufstieg angegangen werden. Schon nach dem noch relativ flachen Rückweg zum Indian Garden machten wir am dortigen Brunnen mit frischem kalten Wasser eine erste längere Rast. Zudem füllten wir unsere Reserven mit Fleischchips, Müsli-Riegel und Energy-Drinks auf und machten uns dann auf die letzten drei harten Etappen. Am 3mi-Resthouse machte sich die Müdigkeit schon deutlich bemerkbar. Eine große Erleichterung beim Aufstieg waren die Wanderstöcke, die zumindest ein wenig Kraft in den Beinen sparten weenn man die hohen Stufen überwinden musste. Auf dem Weg zum 1,5mi-Resthouse begannen bei Atti die Oberschenkelmuskeln zu verkrampfen und er musste in immer kürzeren Abständen Pausen einlegen. Es war ein echter Kampf und die letzte Pausenstation wollte einfach nicht auftauchen. Eine Serpentine nach der anderen musste überwunden werden. Ein Blick zurück zeigte was man schon in den Beinen hatte. Kurz vor dem letzten Resthouse überholten wir eine geschätzt 80-jährige Amerikanerin, die aus Indian Garden mit zwei jungen Begleiterinnen losgegangen war, als wir gerade zum Plateau Point aufgebrochen waren. Außer Atem konnte Atti ihr seinen Respekt aussprechen. Eine echte Leistung der Dame. Wir machten uns nach der letzten Pause auf den Weg. Nochmals 2400 m standen bevor, die Schritte wurden immer kürzer. Alles schmerzte. Glücklicher Weise beruhigten sich die angehenden Krämpfe, so dass wir nach insgesamt rund 10 Stunden wieder oben im Grand Canyon Village ankamen.
Es war eine echte Tortur! Ein unglaublich anstrengender Trip. Jetzt konnten wir verstehen, dass die Ranger eine Wanderung bis ganz zum Colorado und zurück an einem Tag verbieten. Vor allem bei heißen Temperaturen im Sommer ist das nicht zu machen. Aber! Jeder Schritt war es Wert. Jeder der sich noch für einigermaßen fit hält, sollte diese Wanderung unternehmen. Zumindest wir gehörten nicht zu den etwa 300 Personen, die jährlich aus dem Canyon wegen Erschöpfung oder Dehydration gerettet werden müssen. Wir hatten uns unseren Traum verwirklicht und nicht zuletzt – wundervolle Aussichten auf den Canyon von unten und den Colorado waren in der Erinnerung gespeichert.
Dienstag, 18.05.2010
Der heutige Tag erforderte von uns das früheste Aufstehen bisher. Und das nach dem harten Wandervortag. Um 03:45 Uhr klingelte der Wecker, denn wir wollten auf der Fahrt Richtung Page pünktlich
um 05:15 Uhr am Lipan Point des Grand Canyon sein, von wo man den schönsten Sonnenaufgang erleben kann. Wir schafften es einige Minuten zuvor da zu sein, doch ein starker, kalter Wind und eine
dicke Wolkenwand genau am Horizont an dem die Sonne aufgehen sollte, machte uns einen Strich durch die Rechnung. Jedenfalls war der Sonnenaufgang weit weniger spektakulär als der –untergang zwei
Tage zuvor. Egal, wir hätten so oder so früh raus gemusst, denn lt. Plan wartete ein Tag mit vielen Highlights auf uns. Wir fuhren in Richtung Page wo wir kurz vor der Stadt auf den Parkplatz des
Horseshoe Bend nach links vom Highway abbogen. Einen Sandhügel hoch und auf der anderen Seite einen noch längeren hinunter und wir standen wieder einmal an einer Stelle, an der die Natur ihre
wunderschöne Seite zeigt. Der Colorado – wunderbar dunkelgrün gefärbt – floss unter uns in einem Canyon und machte hier eine 180° Kehre, ein Hufeisen eben. Kleine Boote fuhren unten und wir
erkundeten den Rim und einen kleinen Hügel in der Nähe. Von dort hatten wir einen schönen Blick auf den Lake Powell.
Anschließend fuhren wir die wenigen Meilen nach Page und östlich wieder raus zu den Antelope Slot-Canyons. Auch diese werden von den Navajo verwaltet, so dass unser Interagency-Pass hier keine Gültigkeit hatte. Zumindest die Gebühr für das Betreten von Navajo-Land in Höhe von 6 $ sparten wir uns, da Ulli noch an einen Coupon vom Monument Valley gedacht hatte. Wir besuchten zunächst – wie im Reiseführer angegeben - den Lower Antelope Canyon. Wir bekamen einen Photopass ganz automatisch – wahrscheinlich weil Atti sein Stativ auf den Rücken geschnallt hatte – und durften deshalb zuerst in den Slot einsteigen und auch unten nahm man Rücksicht auf alle Fotografen. Durch einen schmalen Spalt in der Erde stiegen wir über Leitern in eine Wunderwelt, wie wir sie noch nie gesehen hatten. Farbenpracht in allen erdenklichen braun-rot-gelben Tönen und geschwungene Formen raubten uns den Atem. Geschaffen von Wasser und Wind, war dieser enge Canyon – wir mussten uns mehrmals durch enge Wände zwängen und weitere Leitern und Steige bewältigen – ein absolutes Erlebnis. Wir fotografierten und filmten ohne Unterbrechung, da wir immer wieder neue Kompositionen entdeckten, die unbedingt auch noch abgelichtet werden mussten. Als wir zum Ende auch noch einen Dreifachbeam – das sind Stellen an denen das Sonnenlicht wie ein Strahl durch die Bodenöffnungen kommt und an denen dann zur Verstärkung des Effekts auch noch Sand aufgewirbelt wird – auf die Speicherkarte bekamen, war der Entschluss schnell gefasst, den Upper Antelope Canyon nicht mehr wie geplant zu besuchen. Der soll nicht schöner sein, sondern nur mehr und bessere Beams haben.
Also fuhren wir schon gegen 13:00 Uhr unserem nächsten Ziel entgegen. Dazu fuhren wir zwar wieder ein Stück die schon am frühen Morgen zurückgelegte Strecke zurück, doch das ließ sich nicht anders planen. Wir besichtigen kurz die Navajo Bridges, zwei identische Stahlbrücken über den Colorado, von denen die eine schon steinalt, die andere etwas neuer war. Auf der alten Brücke sind jetzt nur noch Fußgänger bzw. Touristen unterwegs, um den darunter wundervoll in seinem Flussbett dahinfließenden Colorado River zu genießen. Wieder fiel seine satte grüne Farbe in verschiedenen Nuancen auf.
Kurz darauf bogen wir auf die Straße nach Lees Ferry ab, die bis zum Colorado hinunter führt. Dort ist der Startpunkt und Mile Zero für alle Colorado Rafting-Touren durch den Grand Canyon. Vorher aber machten wir uns auf den Weg zur Wanderung durch den Cathedral Wash, einem trockenen Flussbett, das bis zum Colorado reicht. Anfangs noch einfach zu gehen, wurden die Anforderungen beim Weiterkommen immer anspruchsvoller. Über viele Felsen mussten wir uns immer wieder an trockenen Wasserfällen den Weg nach unten bahnen. Die Canyonwände wurden immer höher. Unten angekommen machten tolle Stromschnellen an einem schönen, steinigen und teilweise auch sandigen Flussufer den Ort fast paradiesisch. Zudem waren wir völlig alleine und genossen die Ruhe. Ein Fußbad im eiskalten Colorado durfte natürlich nicht fehlen. Irgendwann mussten wir uns dann wieder losreißen und die anstrengende Rückwanderung über die Wasserfälle hinauf in Angriff nehmen.
Kurz danach, das Auto war noch nicht mal angekühlt, hielten wir an der Straße neben zwei interessanten und fotogenen Balanced Rocks – Steinkugeln die auf einem kleinen Sockel zu balancieren scheinen. In Lees Ferry setzten wir uns nur noch einmal kurz an den Colorado, um danach direkt die Rückfahrt nach Page anzutreten. Dort fuhren wir über den Glen Canyon Dam zum Lake Powell View Point und anschließend noch zum Dam View, von dem man den Colorado unter dem Damm herauskommen und sofort in einem Canyon verschwinden sieht.